Warum heißt unser Betriebssystem eigentlich Windows? How to become a penguin.

Aus hyperdramatik
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Eine Assoziation zu „Remediation. Understanding New Media“ (Jay David Bolter/Richard Grusin) von L.M.E.


Es herrscht ein historisches Desire unter VR-Enthusiasten: die perfekte virtuelle Welt zu erschaffen. Die Möglichkeit komplett einzutauchen, ohne dass schon allein der umständliche Prozess des VR-Brille-Aufziehens stetig daran erinnert, dass das, was man sieht und erlebt nicht echt ist, dass der eigene Körper sich nach wie vor in einer anderen sehr haptischen Realität befindet. Die sowohl technische als auch gesellschaftliche Entwicklung hin zur virtuellen Realität begann spätestens schon in der Renaissance. Es geht um die Darstellung einer Wirklichkeit, einer (bildlichen) Gedankenwelt, für die wir (noch) ein Medium brauchen: Eine Leinwand, eine Fotografie, einen Bildschirm, eine VR-Brille. Zusammengefasst: Ein Interface. Inzwischen kann die Betrachterin mit dem Medium interagieren; beispielsweise durch ein App-Icon, das mit der Maus angeklickt werden kann und daraufhin sich auf magische Weise (die Entstehungsprozesse der Applikation an sich sind nicht mehr sichtbar) ein Fenster, ein Window, öffnet. Diese Windows-Idee von Douglas Englebart, Alan Kay und weiteren Mitarbeiter*innen des XEROX PARC aus den 1960/70ger Jahren, bezieht sich direkt auf Leon Battista Albertis Rahmen-Metapher, die er wie folgt beschrieb:

„Auf die Oberfläche, auf der ich malen werde, zeichne ich ein beliebig großes Rechteck, welches ich als offenes Fenster auffasse, durch das das zu malende Subjekt betrachtet wird.“ (Jay David Bolter/Richard Grusin: Remediation. Understanding New Media, MIT 1999, S. 24f).

Durch dieses Fenster können wir in die digitale Welt eintauchen, werden aber gleichzeitig gerade durch das Agieren innerhalb des Fensters auf der Bildschirmoberfläche stetig an die Existenz des Mediums erinnert. Der Versuch ist die mediale Welt der „echten“ Welt (ich setze hier Anführungszeichen, denn – ist nicht die mediale Welt auch eine echte Welt? Wer kann da entscheiden? Ist nur die Welt wie ich sie mit meinen Sinne wahrnehme die „echte“ oder ist auch die Wahrnehmung meines Gegenübers eine „echte“? Aber das ist wohl ein anderer Exkurs.) so nahe kommen zu lassen, dass man sich täuschen lassen könnte, wenn man denn wollte.

So entspricht beispielsweise das Setting des Textadventures „Stories Untold“ meiner Situation als Spielende: ich sitze vor einem Computerbildschirm und gebe über eine Tastatur Text ein, der dort wiederum auf dem Bildschirm erscheint. Ich könnte mich täuschen lassen, wirklich der beschriebene Protagonist zu sein, der gerade das erste mal seit Jahren wieder in seine Heimatstätte zurück gekehrt ist und nun Nachrichten über seinen PC empfängt. Es gibt ein Eis, in dessen Design man sich sehr gut verlieren kann. Auf der Verpackung ist ein Pinguin, der ein Eis hält auf dessen Verpackung ein Pinguin ist, der ein Eis hält, auf dessen Verpackung ein Pinguin ist, der ein Eis hält. Man kann den Blick nicht losreißen und weiß doch: Ich bin kein Pinguin, der ein Eis hält.