Stories Untold: Ich zocke also bin ich?

Aus hyperdramatik
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„Ich ist ein anderer“ stellte der französische Schriftsteller Arthur Rimbaud um 1870 fest – im Game „Stories Untold“ erfährt man das auf teils unangenehme Art und Weise. Der Screen spiegelt die eigene Spiel-Situation wieder, wenn auch in einem nostalgischen Setting: Man sitzt vor einem Heimcomputer der 80er Jahre und spielt per Textbefehle ein Adventure-Szenario. Mein aktueller Windows-Computer im Raum der Schule zeigt mir auf seinem Screen einen typischen Heimcomputer der 80er, ich werde also auf einer Weise "remediated". Dann findet man im Spiel ein altes Computerspiel, das auf dem alten Computer gespielt wird. Es ist dasselbe Szenario (heimkommen ins verlassene Ferienhaus der Eltern), aber sozusagen in der Gruselversion. Typische Dinge wie Fotos mit ausgekratzten Augen, blutbeschmierten Wänden und dann – trifft man in seinem Zimmer sozusagen auf sich selbst beim Zocken. Schließt sich da der Kreis? Begegnet man einer alten Version von sich, einer zukünftigen oder ist das doch ein Anderer? Ein etwas zu erwartender Turn bei dem Setting, aber dennoch sehr wirkungsvoll: Immer wieder spiegelt sich was im Text-Adventure-Game passiert im Retro-Setting wieder – Donner, ausfallendes Licht, die Fotos verändern sich. Und jedes Mal erschreckt mein Ich, trotz der vielen Ebenen, die zwischen dem Horror und mir liegen. Durch die Verschränkung der Medienebenen bleibt diese Pointe auch nicht eindeutig auflösbar. Dabei reflektiert das Game nicht nur meine Situation als Spieler, sondern auch sich selbst und gängige Funktionsweisen und Motive seines Mediums.

(Sofie Neu)