Eine Beschäftigung mit dem Text "Remediation. Understanding New Media." von Jay David Bolter und Richard Grusin, MIT 1999.

Aus hyperdramatik
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Die Oberflächengestaltung digitaler Medien sind oft als Fenster zu einer anderen Welt gestaltet. Dieses Albert’sche Fenster findet auch bei Computerspielen Anwendung. Meist wird eine Immediation, eine Unmittelbarkeit und Einbindung des oder der Spielenden angestrebt um das Medium selbst in den Hintergrund treten zu lassen. Mittels dieser Fenstermetapher veranschaulicht das Spiel „The House Abandoned“ den Verweis auf etwas Anderes, Vorangegangenes. Sofern man sich durch Menu und Einstellungen geklickt hat eröffnet sich die Sicht auf einen Schreibtisch mit einem älteren Modell eines Personal Computers samt Tastatur und Schreibtischlampe und doppelt somit die Situation der oder des Spielenden. Das Spiel reflektiert seine eigene Medialität und lässt das spielende Subjekt dennoch in eine „andere Welt“ eintauchen, ist hypermetiativ und immediativ zugleich. Hypermediativ weil es sich seiner selbst durchaus bewusst ist und dies zumindest visuell zum Thema macht, immediativ da es die Situation der oder des Spielenden inszeniert und man sich in der Verdoppelung seiner Handlung wiederfinden kann. Die Hypermedialität vervielfältigt die Zeichen der Vermittlung und spiegelt somit das Sensorium der menschlichen Erfahrungen. „In every manifestation, hypermediacy makes us aware of the Medium or media and (in sometimes subtle and sometimes obvious ways) reminds us of our desire for immediacy.“ (Jay David Bolter/Richard Grusin: Remediation. Understanding New Media, MIT 1999, S. 34.) Immediacy bezieht sich hier wiederum auf die Unmittelbarkeit die durch immersion angestrebt wird. Gleichzeitig geht es um mehr als nur um die Überwältigung beispielsweise einer Szenerie. Durch das thematisieren des Mediums an sich kann eine neue Ebene berücksichtigt werden ohne diese länger in ihrer Negation zu verschweigen. Bolter/Grusin beschreiben diese Ebene als „looking at sth.“ gegenüber „looking through sth.“ (Jay David Bolter/Richard Grusin: Remediation. Understanding New Media, MIT 1999, S. 42.) So kann man bei der Betrachtung eines Mediums oder Erfahrung durch ein Medium die Oberfläche mit all ihrer Farbe und Materialität genauso studieren wie das dadurch abgebildete das einen eigenen Raum hinter dem Medium eröffnet. Wie in der bildenden Kunst rückt die Textur des Werkes in den Vordergrund, die Thematisierung des Mediums an sich ist ein entscheidender Faktor der zwischen betrachtendem Subjekt und betrachtetem Inhalt liegt. In „The House Abandoned“ muss auf dem etwas älteren Modell des Personal Computers den die spielende Person sieht eine Textzeile eingegeben werden. Dies rollt die Geschichte des Mediums vor dem jemand sitzt auf und spiegelt in einer historisch anderen Zeit wieder was durch das Fenster auf dem eigenen Bildschirm abgebildet ist. (Der Text wiederum eröffnet ein ‚Fenster’ in die Welt des Spiels auf einer weiteren Ebene, in die idyllische Landschaft eines Ferienhauses innerhalb derer man Aufgaben lösen muss etc.). Es ist eine nostalgische Referenz, da das grafische Fenster die auf Textzeilen basierte Grafik abgelöst hat. Diese grafische Gestaltung ebenso wie das Fenster eine Ebene davor, durch welches der spielenden Person diese grafische Gestaltung präsentiert wird, setzen auf ein kulturelles Wissen, von dem ausgegangen wird, dass es den potentiell Spielenden zur Verfügung steht. Ganz bewusst wird hier der im Spiel abgebildete Computerbildschirm eingesetzt um eine gewisse Situation herbei zu führen die über Bild und Textreferenz auf etwas anderes verweist. Wie in der Oberflächengestaltung eines Computers werden Symbole und Fenster verwendet, die einem als Kulturelles Wissen zur Verfügung stehen. Bolter und Grusin sehen Medien die Verweise aufstellen als fest integrierte Bestandteile unserer Kultur und nicht als Eindringlinge. Sie entstehen aus einer Kultur heraus und erneuern die Medien dieser Kultur. Als Beispiel einer solchen Remediation (Wiederherstellung) lässt sich die Darstellung eines Textdokuments in einem Computer heranziehen. Dieses wurde als virtuelles Buch gestaltet, hat einen Klappentext, Vorder- und Rückseite und verweist somit auf das ihm vorangegangene Medium des Buches, für das stellvertretend besagtes digitales Buch nun steht. Ein Bild an sich ist eine repräsentative Darstellung und kann figürlicher oder abstrakter Natur sein. „Sofern für Bilder eine bestimmte Form des Erkennens (oder auch Wiedererkennens) charakteristisch ist, gibt es da etwas, worin ein Anderes zu erkennen ist.“ (Wolfram Pichler/Ralph Ubl: Bildtheorie. Zur Einführung, Hamburg 2014, S. 20. )Dieses Etwas, worin ein Anderes zu erkennen ist, stellt die sinnlich wahrnehmbare Sache dar, ohne dass dieses Etwas mit dem Anderen verwechselt werden darf, ohne dass das Etwas als das Andere gesehen wird. Von Bedeutung ist die repräsentative Funktion, der kulturelle Transfer sowie der physische Transport eines Bildeobjekts. Wie ein Bild verstanden wird, hängt jeweils von der soziokulturellen Prägung seines Umfeldes ab. Dieser Prozess wird nie abgeschlossen sein, sondern ist stets im Werden begriffen, so ist auch die Repräsentation des einen dem Spiel „The House Abandoned“ vorangegangenen Mediums in einem anderen uns heute zur Verfügung stehenden Medium eine Remediation die auf eine Vergangenheit des Mediums verweist und gleichzeitig die Situation der Spielenden reflektiert.

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